M. berichtet: 

Ich bin 29 Jahre alt, weiblich und habe die Diagnose Borderline bekommen, als ich 26 Jahre alt war. Ich habe mein Abitur gemacht, studiert und mach jetzt noch nebenher meinen Master. Das alles hört sich wohl erstmal ganz normal an..... 

Das Bild des in der Ecke sitzenden, sich ritzenden Menschen ohne Freunde ist leider sehr weit verbreitet. Aber es steckt so viel mehr dahinter. Ich habe viele Freunde, gehe gerne feiern und unternehme auch viel. Und trotzdem bin ich einsam, alleine egal wie viele Menschen um mich sind. Fühle mich wertlos, nichts macht einen Sinn. Alles fühlt sich so ausweglos an, absolut leer. Diese Gefühle sind fast immer da, mal stärker und mal schwächer, sie können in Dissoziationen (Erlebnis der Auflösung von Raum-, Zeit-, und Körpersynchronisation. Es entsteht ein Gefühl der Auflösung und Unwirklichkeit der eigenen Person. Optik, Akustik, Körper und Schmerzwahrnehmung verändern sich. Es kann zu einem kompletten Verlust des Kurzzeitgedächtnisses führen. Anm.: Y.M.) enden. Aus diesem Zustand komme ich nur noch heraus, in dem ich mich selbst verletze, damit ich mich spüre, etwas spüre, noch lebe, sehe, das Blut fließt. Auch wenn ich das Gefühl habe, nicht da zu sein. Diese Zustände sind meistens unerträglich. Allerdings tut es manchmal auch gut, einfach nichts mehr zu fühlen.... 

Wenn man sich vorstellt, jeder gesunde Mansch hat ein Glas voll mit Gefühlen, dann ist es bei mir ein ganzer Eimer voll, die gehen dann einfach immer mal wieder mir durch. Wie ein wilder Mustang, den ich nicht bändigen kann. Hinzu kommt, dass ich ein äußerst schlechtes Selbstbild habe, klar jeder ist mit bestimmten Körperstellen unzufrieden, aber ich hasse manchmal meinen ganzen Körper und mich selbst. Dies alles bringt mich oft dazu, meine Beziehungen selbst zu zerstören, denn warum sollte mich jemand anderer lieben, wenn ich mich selbst so sehr hasse. Ich lege dann jedes Wort auf die Goldwaage,  sehe überall Kritik, in jedem Satz, der für andere ein Kompliment wäre. Ich verdrehe dem anderen die Worte im Mund, bis ich das höre, was ich selbst von mir denke. 

Das alles, und es ist ja nur ein ganz kleiner Einblick von mir in die Krankheit, schreckt jetzt vielleicht ab, dennoch gibt es wohl auch positive Seiten. Ich bin sehr empathisch, wie auch der größte Teil der Borderliner. Ich spüre meistens sofort, wenn es jemand nicht gut geht, auch wenn andere das nicht merken, ich kann dann für denjenigen da sein. Ich spüre oft, wer zu wem gehört, wenn ich einen Raum betrete. Wenn ich unter Freunden bin, bin ich oft die gut gelaunte, die immer lacht, auch wenn ich innerlich weinen könnte. Ich habe gelernt, mich zu verstellen. Klar, es ist nicht immer leicht, aber wenn man versteht, wie wir sind und vielleicht auch warum wir so sind, kann man wohl ganz gut mit uns klar kommen. Irgendwie sind wir ganz normale Menschen mit Handycap, die es auch wert sind, geliebt zu werden.